Dieses Tutorial wird nicht mehr gewartet und ist unter dem Titel Pop Arranging mit Beethoven - Eine Anleitung auf der Open Music Academy für die gemeinsame Arbeit freigegeben worden.

Songwriting mit Beethoven - Eine Anleitung

von Ulrich Kaiser

Die folgende Anleitung ist eine Einstiegshilfe zum Basteln eines Popsongs oder Schlagers. Sie besteht aus den folgenden Schritten:

  1. Schritt: Melodie einer klassischen Vorlage auswählen
  2. Schritt: Reharmonisierung
  3. Schritt: Erfindung eines Gitarrenriffs‹
  4. Schritt: Drums und E-Bass abstimmen
  5. Schritt: Beginn gestalten (Layer-Technik)
  6. Call & Response zwischen Leadgesang und Leadgitarre
  7. Anmerkungen
  8. Mixing-Projekt zum Durchhören des Beethoven-Rocksongs

Bei der Notation des Drumsets sind verschiedene Schreibweisen gebräuchlich, im Zweifelsfall empfiehlt sich eine Legende. Lesen Sie hier mehr über die Notation eines Standard-Schlagzeugs.

1. Schritt: Melodie einer klassischen Vorlage auswählen

Als Vorlage zur Ausarbeitung eines Rocksongs wurde ein Lied von Ludwig v. Beethoven gewählt:

Die erste Hälfte des Liedes eignet sich aufgrund der einfachen a-Moll-Melodie mit geringem Umfang zur Gestaltung eines Verse-Formteil, die zweite Hälfte des Liedes kann dagegen aufgrund des größeren Stimmunmfangs und des effektvollen Übergangs zum C-Dur für eine Chorusgestaltung verwendet werden.

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2. Schritt: Schritt: Reharmonisierung

Für einen Rocksong der 1970er und 1980er Jahre ungewöhnlich wären allerdings die − für die Funktionsharmonik der Dur-Moll-Tonalität charakteristischen − Wechsel zwischen a-Moll (Tonika) und E-Dur (Dominante). Auch wenn das E-Dur anfangs nur über einem a-Moll-Orgelpunkt erklingt, ist es für ein hardrock-typisches Idiom notwendig, eine andere Harmonisierung zu wählen (Reharmonisierung). Typisch wäre ein (sogenannter modaler) Wechsel zwischen a-Moll und G-Dur, wie beispielsweise in Lady in Black von Uriah Heep.

3. Schritt: Erfindung eines Gitarrenriffs

Der nächste Schritt besteht darin, für die gewählte Reharmonisierung (a-Moll / G-Dur) ein Gitarrenriff zu erfinden. Das folgende Riff folgt dabei einerseits der Harmonik, arbeitet andererseits jedoch auch mit charakteristischen Quartenintervallen sowie dem Wechsel von klingenden und gedämpften Saiten (Palm Mute):

4. Schritt: Drums und E-Bass abstimmen

Im vierten Schritt werden für einen Groove die Akzente zwischen den Drums und dem E-Bass abgestimmt. In dem folgenden Beispiel sind die rhythmischen Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden Stimmen insbesondere in der jeweils zweiten Takthälfte zu sehen:

5. Schritt: Beginn gestalten (Layer-Technik)

Typisch für den Beginn eines Rocksongs ist die sogenannte Layer-Technik, also ein Anfang, bei dem die einzelnen Instrumente nacheinander beginnen. Stellt man sich jedes Instrument wie eine Ebene (Layer) vor, entsteht der Gesamtklang erst nach und nach durch das Übereinanderlegen der Instrumenten-Ebenen entsteht. Für den Beethoven Song wurde diese Technik etwas variiert. Gleich zum Anfang sind zwei Ebenen gleichzeitig zu hören: das Gitarrenriff (Ebene 1) und vereinzelten Kicks in den Drums (Ebene 2). Im vierten Takt steigen nach einem Fill die Drums mit dem durchgehenden Rhythmus ein (Ebene 3), die zusammen mit dem vom E-Bass (Ebene 4) den Groove des Songs etablieren:

6. Schritt: Call & Response zwischen Leadgesang und Leadgitarre

Nach acht Takten setzt anschließend der Leadgesang mit seinen Phrasen (Call) ein, wobei in den Pausen der Gesangsmelodie die Leadgitarre kleine Motive spielt (Response). Diese Technik, die wie ein Fragen und Antworten zweier Stimmen (Gesang/Gitarre) wirkt, wird auch als Call & Response bezeichnet. Der nachfolgende Notentext zeigt die Vertonung einer Strophe des Beethoven-Liedes:

6.: Anmerkungen

Im folgenden finden Sie zu der obenstehenden Ausarbeitung noch einige Anmerkungen:

  • Zur Leadgitarre: Die Leadgitarre verwendet bis Takt 17 ein spezifisches Tonmaterial: a-c-e-d-g. Diese Skala wird auch als a-Moll-Pentatonik bezeichnet und die Moll-Pentatonik ist − sowohl melodisch aus auch harmonisch − für Rockmusik sehr charakteristisch (z.B. für Songs von AC/DC, Deep Purple u.v.a.). Zwischen einer melodischen Pentatonik und den Harmonien eines Songs finden sich dabei sogar oftmals Korrespondenzen (vgl. hierzu: »Fraktale Strukturen im Hardrock«). Für die bisherige Ausarbeitung des Beethoven-Songs wurden deshalb die Harmonien a-Moll, G-Dur, C-Dur und E-Dur gewählt und im Sinne einer pentatonischen Harmoniedisposition wäre es eine gute Idee, den fehlenden Grundton d in einer Bridge als klangliche Attraktion zu inszenieren. Bei der Verwendung pentatonischer Strukturen auf harmonischer Ebene ist es übrigens − im Gegensatz zum Bereich der dur-moll-tonalen Musik − nicht entscheidend, ob die Grundtöne Bestandteil von diatonischen Akkorden sind (in dur-moll-tonaler Musik würden in a-Moll nur die Akkord G-Dur, C-Dur, d-Moll und e-Moll/E-Dur als diatonisch bezeichnet werden), sondern es wäre auch denkbar, dass abgesehen vom Grundton über den Tönen der Pentatonik nur Durakkorde (G-Dur, C-Dur, D-Dur und E-Dur) oder andere Kombinationen erklingen (z.B. G-Dur, c-Moll, D-Dur, E-Dur etc.).
  • Zur Rhythmik: Sowohl in den Fills als auch zum klanglichen attraktiven Wechsel nach C-Dur werden sogenannte Dreierverschieber eingesetzt. Ein Dreierverschieber entstehen durch eine wiederholte Anzahl ungerader Noten vor dem Hintergrund einer gerade Anzahl von Schlägen, z.B. in einem 4/4-Takt vier Gruppen von drei Sechzehnteln und zur Taktfüllung zwei Achtel oder vier Sechzehntel (3+3+3+3 + 2+2 oder 3+3+3+3 + 4). In dem Arrangement oden ist ein erster Dreierverschieber auf Sechzehntelebene im ersten Fill der Drums zu hören (auf den Zählzeiten zwei und drei = 3+3+2), ein weiterer Dreierverschieber erklingt zum Wechsel nach C-Dur auf Achtelebene (3+3+2+). Auffällig an der zuletzt genannten Stelle ist das rhythmische Ensemblespiel: alle Instrumente und auch der Leadgesang sind hier an der Dreierverschieber-Rhythmik beteiligt, wodurch hier eine reizvolle Störung des Grooves zu hören ist. Auch im Fill T. 20 erklingt ab der dritten Zählzeit durch die Aufteilung der Sechzehntel auf die Snare und Toms ein Dreierverschieber (3+3+2).
  • Klanglage Leadgesang: Untypisch für einen Rocksong ist in der Ausarbeitung oben die Klanglage des Leadgesangs, die für einen Song im Stil von AC/DC gut eine Oktave höher hätte gewählt werden müssen. Doch wer traut sich als Mann heute noch, seine Stimmbänder in diesen Höhen zu strapazieren...

Mixing-Projekt zum Durchhören des Beethoven-Rocksongs