Klaus Renft Combo (Band)
Biographisches
1957 wurde von Klaus Jentsch das Klaus Renft Quartett gegründet (ab 1961 Klaus Renft Quintett). Die Großmutter von Klaus Jentsch hieß mit Mädchennamen Renft, der als Künstlername übernommen wurde (Götz Hintze weist darauf hin, das Renft im Sächsischen auch die Bedeutung Brotkanten hat). Laut den biographische Angaben aus dem Handbuch Wer war wer in der DDR? leitete Jentsch zwischen 1963 und 1965 Butlers, eine Beatband, die aus der verbotenen Renft-Combo hervorging und die ihrerseits 1965, zehn Tage vor der Leipziger Beat-Demo verboten wurde. (über das Jahr der Butlers-Gründung kursieren verschiedene Jahreszahlen, Hintze: 1959,
Wikipedia: 1962, renft.de: 1964)
Ende der 60er Jahre trat Klaus Jentsch wieder unter seinem Künstlernahmen auf (seit 1969 als Klaus Renft Progressiv, ab 1971 als Klaus Renft Combo und später nur noch als Renft (vgl. hierzu den Titel des 2. Albums 1974). Anfang der 70er Jahre wurde die Zusammenarbeit mit dem Liedermacher Gerulf Pannach begonnen, der von 1970 bis 1971 kurzzeitig Referent im Kabinett für Kulturarbeit der Stadt Leipzig war. 1972 fand sich die folgenden Besetzung zusammen, in der auch die ersten beiden Alben eingespielt wurden:
- Thomas Schoppe (ges, git)
- Peter Gläser (ges, git)
- Christian Kunert (ges, keyb)
- Peter Kschentz (ges, fl, sax)
- Klaus Jentsch/Renft (bg)
- Jochen Hohl (dr)
Im Umfeld der X. Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1973 kam es zu einer Liberalisierung im Umgang mit den Beat- und Rockbands in der DDR. In dieser Zeit konnte die Klaus Renft Combo zwei Langspielplatten sowie Rundfunkaufnahmen und Fernsehauftritte realisieren. Gerulf Pannach wurde allerdings aufgrund seiner kritischen Texte 1975 (1974?) mit einem Auftrittsverboten belegt. Seine Rockballade vom kleinen Otto, in der eine missglückte Republikflucht und ein sich anschließender Freitod besungen wird, gab 1975 ebenso Anlass zum endgültigen Verbot der Band wie die Tatsache, dass die Klaus Renft Combo weiterhin mit Pannach im Vorprogramm auftrat. Renft wurde zur Ausreise gedrängt, verließ 1975 die DDR und arbeitete später als Tonmeister im Renaissance-Theater am Savignyplatz in Berlin-West. Gerulf Pannach und Christian Kunert (seit 1971 bei Renft) wurden 1976 verhaftet und nach neun Monaten Haft im Gefängnis des MfS in Berlin-Hohenschönhausen ›freigekauft‹ und in den Westen abgeschoben. Ein Ausreiseantrag von Thomas Schoppe wurde 1978 genehmigt, nachdem auch er sich an Protestaktionen rund um die Ausbürgerung von Wolf Biermann beteiligt hatte.
Alben:- 1973 − Klaus Renft Combo (Amiga)
- 1974 − Renft (Amiga)
- 1980 − Rock aus Leipzig (Teldec)
Ein Beispiel: Wer die Rose ehrt
Der bekannte Song Wer die Rose ehrt ist ein musikalisch sehr schönes Beispiel für das eigenständige Komponieren deutschsprachiger Rockmusik in der DDR. Peter ›Cäsar‹ Gläser ist Komponist und Sänger des Songs, der Text stammt von Kurt Demmler, der damals nur für sich und die Klaus Renft Combo dichtete und später zum produktivsten Texter der DDR-Rockmusik avancierte. And dem Orgelpart sollen der Organisten Ralf Stolle, anderen Quellen nach auch Michael Heubach beteiligt gewesen sein, der Anfang der 1970er Jahre in der Klaus Renft Combo Keyboard spielte.
Klaus Renft Combo − Wer die Rose ehrt (1971)
Quelle der Videos: YouTube.
Der Gitarrist und Sänger Thomas ›Monster‹ Schoppe hat dazu in einem Interview gesagt:
Meinen hohen Gesangspart im Refrain übertrug ich unbewusst von Led Zepplin's ›Whole Lotta Love‹. Cäsar ging's ähnlich, nur stilistisch anders, sein Gitarrenspiel klang nach Jimi Hendrix. In ›Wer die Rose ehrt‹ ist Procul Harum zu hören, aber auch Bach. Sowohl das Intro, vom 1996 verstorbenen Organisten Ralf Stolle, als auch der Chorus von Michael Heubach ergänzten die Komposition Cäsars und rundeten damit das gesamte Werk ab. Idee und Individualität jedes Einzelnen prägten so den typischen Renft-Sound.
Der Verweis auf Procul Harums A Whiter Shade Of Pale ist interessant:
Quelle der Videos: YouTube.
Die Aussage wird jedoch relativiert durch den Hinweis auf Johann Sebastian Bach, denn der Verweis auf eine stilistische Nähe zwischen Bachs Air fällt immer im Zusammenhang mit dem Song von Procul Harum, eine Ähnlichkeit zwischen den beiden Stücken ist musikanalytisch jedoch kaum begründbar. Zudem hätten auch andere Stücke Vorbildfunktion für die Komposition von Gläser haben können. Hans-Jürgen Beyer beispielsweise erinnert sich in einem Interview an seinen Beginn als Sänger bei Renft:
In der Pause bin ich zu Klaus Renft gegangen und habe gesagt: "Guten Tag, ich bin Thomaner, heiße HansJürgen Beyer. Kann ich bei Ihnen auch singen?" (lacht). Klaus sagte zu mir: "Dich kenn ich doch, Du bist der Schlagzeuger bei den Pisces, ich weiß, dass Du singen kannst. Pass auf, wir machen gerade eine Pause. Hier ist die AWA-Liste. Ich komme nach der Pause wieder, und wenn Du ein Lied davon kennst, dann sagst Du mir das. Dann kündige ich Dich an, und wir machen dann mal zusammen einen Song." Nach der Pause kam er dann wirklich, und von der Liste kannte ich nur "When A Man Loves A Woman". Den Titel "Set Me Free" konnte ich nicht singen, denn den hatten Renft schon vor der Pause gespielt, da hatte die Halle schon getobt. Das war also vorbei. Also habe ich dort auf der Bühne mit Inbrunst "When A Man Loves A Woman" von Percy Sledge gesungen, und die Leute tobten.
Auch der Gesangart und Orgelsound von When a Man loves a Woman von Percy Sledge wecken Assoziationen an Wer die Rose ehrt:
Quelle der Videos: YouTube.
Doch hinsichtlich der beiden möglichen Vorbilder, für die sich biographische Indizien anführen lassen, sind die satztechnischen Übereinstimmungen eher unauffällig. Selbst die markante Bassführung (absteigende Tonleiter) ist in allen drei Songs im Detail verschieden. Wer die Rose ehrt bildet daher eine eigenständige Komposition, die zwar durch den Sound westliche Vorbilder inspiriert worden sein mag, in deren Ausarbeitung sich jedoch kaum Hinweise für konkrete Anleihen aufzeigen lassen.
Formanalysen
Klaus Renft Combo − Gänselieschen (1973)
Klaus Renft Combo − Der Apfeltraum (1973)
Klaus Renft Combo − Als ich wie ein Vogel war (1974)
Klaus Renft Combo − Rockballade vom kleinen Otto (1975)
Quelle der Videos: YouTube.
Erstellung des Beitrags: 6. April 2016
Letzte Änderung des Beitrags am 6. April 2016