Lösungen und Anmerkungen zum Tutorial Kadenzgliederung nach Heinrich Christoph Koch als Methode der Formanalyse

von Ulrich Kaiser

zum Tutorial: Kadenzgliederung nach Heinrich Christoph Koch als Methode der Formanalyse


Beantwortung der Frage zur Aufgabe 1: "Beschreiben Sie die Unterschiede, die Sie zwischen dem oben gegebenen Gliederungsschema und den Ausführungen Kochs sehen"

  1. Ein Hauptunterschied zwischen dem hier vorgestellten Kadenzmnodell und den Ausführungen Kochs besteht darin, dass Koch nur für den vierten interpunktischen Hauptteil von einer Cadenz spricht. Für die ersten drei verwendet er die Begriffe Grund- und Quintabsatz und unterscheidet somit zwischen Absätzen und einer Kadenz. Diese Unterscheidung wird aus verschiedenen Gründen für ein zeitgemäßes Analysemodell nicht übernommen.
  2. Kochs Grundabsatz wird in dem Modell mit einem Ganzschluss, sein Quintabsatz mit einem Halbschluss gleichgesetzt. Auch die Gleichsetzung von Quintabsätzen mit Halbschlüssen erfolgt aus pragmatischer Sicht und ist in dieser Form nicht durch Koch legitimiert.

Lösung zur Aufgabe 3

Transponieren Sie die Kadenzfolge (K1-K2-K3-K4) mit charakteristischen Dissonanzen nach B-Dur:

Abbildung Koch Quellentext


Lösung zur Aufgabe 4

Notieren Sie die typischen Basswendungen für Halb- und Ganzschlusskadenzen in der Tonart G-Dur und ergänzen Sie anschließend Oberstimmen:

Abbildung Koch Quellentext


 

Lösung zur Aufgabe 7
Notieren Sie die Kadenzen des Gliederungsmodells K1-K3-K4 auf die bisherige Weise in der Tonart D-Dur:

Abbildung Koch Quellentext


 

Beantwortungen der Fragen zur Aufgabe 8

  1. Der Hauptsatz umfasst die Takte 1−10. Er ist periodisch gebaut, bestehend aus einem viertaktigen Vordersatz (1−4) und einem innerlich erweiterten sechstaktigen Nachsatz (T. 5−10).
  2. Die Überleitung endet mit dem Halbschluss der Nebentonart (K3) in T. 22.
  3. Der Seitensatz ist klanglich durch eine hohe Lage (linke Hand im Violinschlüssel) sowie eine zurückgenommene Lautstärke (piano) sehr charakteristisch gestaltet.
  4. Der Beginn der Schlussgruppe könnte mit dem Wiedereintritt des Bassregisters in T. 32 oder dem Neueinsatz der rechten Hand in T. 34 angesetzt werden. Den Seitensatz beendet somit ein Halbschluss der Nebentonart (der Eintritt des dominantischen D-Dur-Akkordes erklingt bereits in T. 30).
  5. Es gibt 4 Ganzschlusskadenzen in der Nebentonart (K4). Die Kadenzabschlüsse erklingen in T. 38, T. 46, T. 50 und T. 54.

 

Beantwortungen der Fragen zur Aufgabe 9

  1. Wenn man den Begriff des Hauptsatzes in dieser Sonate anwenden will, besteht nur die Möglichkeit, ihn für die T. 1−4 zu verwenden, da in T. 5 bereits die Überleitung beginnt. Diese Überleitung hat eine sehr charakteristische Struktur (Tonleiter im Bass f-e-d-c + Halbschluss und parallele Terzen der Oberstimme jeweils auf der Takteins), die sich in vielen Werken findet, z. B. in der bekannten Sonate facile von Wolfgang Aamadé Mozart (T. 5−12, die Noten dieser Exposition finden sich im Tutorial etwas weiter unten).
  2. Der Halbschluss der Nebentonart (ein dominatischer G-Dur-Akkord) erklingt im T. 12. Er wird durch die durchgehende Sechzehntelbewegung der Oberstimme verdeckt (keine Generalpause). Der nachfolgende Seitensatz erklingt dann allerdings wieder in einer typischen hohen Klanglage.
  3. Ein Unterscheidung zwischen Seitensatz und Schlussgruppe ist nicht ohne Willkür möglich. Eine Begründung würde an dieser Stelle zu weit führen, aber es spräche einiges dafür, T. 13−30 als Schlussgruppe zu bezeichnen, die allerdings in der charakteristischen Klanglage (hohes Register) eines Seitensatzes beginnt.
  4. Die Kadenz T. 25−26 wird anschließend zweimal wörtlich wiederholt. Deswegen ist es sinnvoll, von einer Wiederholung und nicht von einem Epilog zu sprechen.

 

Beantwortungen der Fragen zur Aufgabe 10

  1. Der Ganzschluss der Haupttonart (K1) erklingt in T. 4 / T. 5.
  2. Der Halbschluss der Nebentonart (K3) erklingt in T. 7 und wird durch eine durchgehende rhythmische Achtelbewegung verdeckt..
  3. In der Nebentonart gibt es einen Ganzschluss (T. 9 / T. 10).
  4. T. 8 / T. 9 erklingt ein Trugschluss, der die Kadenz in die Nebentonart angedeutet, aber vermeidet. Im Schema Koch's kann dieser Schluss daher nur als vermiedene K4 interpretiert werden.

 

Beantwortungen der Fragen zur Aufgabe 11

  1. Der Hauptsatz ist recht lang und charakterisiert die T. 1−21. Er ist interessant gebaut und beginnt wie ein Periodenvordersatz, dem allerdings die Kadenz "abgeschnitten" wird. Anstelle des Schlussakkordes (z.B. in Form eines öffnenden C-Dur-Akkords mit Terzlage und Vorhalt wie in der im Tutorial folgenden D-Dur-Sonate KV 311 Mozarts T. 4) beginn der Nachsatz, der ab T. 13 innerlich erweitert wird erst in T. 21 endet. Der Schlussklang des Hauptsatzes ist gleichzeitig Beginn der Überleitung (Phrasenverschränkung).
  2. Die Überleitung erklingt in den Takten 21−32, wo der Halbschluss der Nebentonart (K3) endet.
  3. Nach einer zweitaktigen Überleitungsfigur beginnt der Seitensatz im T. 35 und endet mit einem Halbschluss der Nebentonart in T. 42. Eine K3 kann somit an zwei semantisch verschiedenen Positionen auftreten: Zum einen kann eine K3 die Überleitung, zum anderen einen Seitensatz beschließen.
  4. In T. 43 beginnt die Schlussgruppe. Sie endet in T. 54.
  5. Ein fünftaktiger Epilog beendet die Exposition (T. 54 bis T. 58).

 

Beantwortungen der Fragen zur Aufgabe 12

  1. Der Hauptsatz erklingt in T. 1−7 (mit Phrasenverschränkung) und lässt sich als ›gestauchte‹ Periode verstehen (eine Analyse finden Sie in diesem Beitrag, 1. Beispiel auf S. 10).
  2. Die Überleitung beginnt T. 7 und endet mit dem Halbschluss der Ausgangstonart in T. 16.
  3. Der Seitensatz T. 17−T. 24 handelt es sich um eine reguläre achttaktige Periode.
  4. Der Übergang zwischen Seitensatz und Schlussgruppe ist durch ein Ganzschluss in der Nebentonart gekennzeichnet. Eine K4 kann somit an zwei semantisch verschiedenen Positionen auftreten: Zum einen kann eine K4 eine Schlussgruppe, zum anderen einen Seitensatz beschließen.
  5. Als Epilogs könnten die Takte 36−39, aber auch dur die Takte 38−39 bezeichnet werden.

 

Beantwortungen der Fragen zur Aufgabe 13

  1. Als Hauptsatz könnten die Takte 1−4 bezeichnet werden. Der Beginn der Überleitung ist nur am Satzbild zu erkennen (schnellere Bewegung, ab T. 6 mit Auftakt klangliche Ausweitung ins Bassregister und größerer Ambitus).
  2. Der Seitensatz ist an der hohen Klanglage, der Pendelharmonik und der Dynamik (piano) zu erkennen.
  3. Den Beginn der Schlussgruppe kann man am Wechsel des Satzbildes festmachen (schnellere Bewegung, Sequenzharmonik und Bewegung in die tiefere Klanglage).
  4. Der Epilogs bringt einen schnellen Wechsel von Tonika und Dominante (in der Nebentonart) und Schlussakkorde.

 

Beantwortungen der Fragen zur Aufgabe 14

  1. Als Hauptsatz könnten die Takte 1−5 bezeichnet werden (da sich die charakteristische I-IV-I-V-I-Harmonik auch beim frühen Mozart oftmals zur Themengestaltung findet). Die Überleitung bestände in diesem Fall nur aus dem Halbschluss der Ausgangstonart (T. 6−7).
  2. Der Seitensatz ist durch Pendelharmonik (T-D-T-D) charakterisiert. Er ist nicht an einer höheren Klanglage und zurückgenommenen Dynamik zu erkennen.
  3. Der Beginn der Schlussgruppe ist am Satzbildwechsel zu erkennen sowie an der Bassgestalt (h-c-d-g) in den Takten 12 (3. Zählzeit) bis T. 15. Der Schlussgruppe folgt ein kleiner Epilog T. 15−17.